Prognosen für die nächsten Jahrzehnte
Wenn man sich mit Zukunftsermittlung beschäftigt, sollte man mal nachlesen, wie es andere probiert haben. Möglichst dann, wenn die Zeit von deren Voraussagen erreicht ist.
Kürzlich fiel mir das Buch von Arthur C. Clarke (genau der mit „2001“) „Profile der Zukunft“ wieder einmal in die Hände. Ich habe ja einige solche Bücher gesammelt – früher hießen sie „Prophezeihungen“, später Analysen oder Profilings. Besonders in den 50er und 60er Jahren interessierte man sich im Fortschrittsrausch, „wie die Zukunft wohl werden würde“. „Der Wettlauf zum Jahr 2000“ von Fritz Baade ist auch so ein Buch.
Mittlerweile sind es 20 Jahre über diese angebetete Zeitgrenze.
Wer sich mit Zukunftsforschung beschäftigt, sollte unbedingt das Buch von Clarke lesen. Zum Beispiel, weil er ganz klar formuliert, weshalb andere so daneben lagen. Weil sie einfach zu wenig Phantasie hatten und zum Beispiel sich nicht vorstellen konnten, dass etwas fliegt, was schwerer als Luft ist.
Viele der Voraussagen von Clarke sind verblüffend richtig. Er hat sich in längeren Passagen mit dem Verkehr beschäftigt. Flugverkehr wird die Welt beherrschen und ja, die Menschen werden zum Spaß mit dem Schiff fahren. Und die Autos werden elektrisch und tatsächlich autonom selbstfahrend. In einer speziellen Erleuchtung kommt Clarke sogar zu dem Schluss, dass es soweit kommen kann, dass das persönliche Lenken eines Fahrzeugs im Straßenverkehr verboten wird. Ist schon sichtbar im Anmarsch, nicht wahr?
Aber selbst er, auch Autor und Kenner von vielen Science-Fiction-Romanen macht einen Fehler, der sogar der Volksmund und lustigerweise auch wir mit Remote Viewing auf dem Schirm haben: Der Teufel steckt im Detail.
Wenn also tatsächlich die Erdbevölkerung auf über 10 Milliarden hochschnellt (damals waren es gerade 4 Milliarden), dann hat das eine ganz eigene Konsequenz. Wie soll die Energie über welche Steckdosen für die vielen Elektrroautos herangeschafft werden? Und wie eine Stabilität in der Verteilung? Nun gut, er geht noch von dem Hype der Atomtechnik aus, die wird es schon richten. Aber selbst hier gibt es ein typisches Problem: Der Strom muss von A nach B. Und weil man ein zentralistisches Konzept verfolgt (Kann ja nicht jeder ein Atomkraftwerk haben) muss man die Energie in die entferntesten Landesteile transportieren. Phantasie und Fortschrittsglauben sollten nicht an den Realitäten eines alten Stromnetzes vorbeigehen.
Schon jetzt fallen manchmal ganze Bundesstaaten in den USA zeitweise ins Dunkel. Wie soll das weltweit aussehen, in den Schwellenländern zum Beispiel, die auch noch den größten Bevölkerungszuwachs haben?
Fortschrittsglauben hat ja schon oft alle Einwände als Dystopien gebrandmarkt und weggefegt. Aber nun ist es so, dass man gesehen hat, dass das mit der Atomenergie zu blauäugig war. Und dass man Energie nicht einfach so senden kann, so von Antenne zu Antenne wie Radiowellen. Das hat sich inzwischen auch erledigt, seit man den vielen Radartechnikern der frühen Jahre eine Krebstherapie bezahlen muss.
Und was Remote Viewer schon lange auf dem Schirm haben, nämlich dass die wachsende Komplexität aller technischen Einrichtungen ein schwer handhabbares Gesamtsystem ergibt, davor hat man sich Jahrzehnte davongestohlen.
Arthur C. Clarke hatte bei aller Zukunftszuversicht zwar den wachsenden Einfluss von Computersystemen auf die Wirtschaft gesehen, nicht aber, was eine Digitalisierung und eine Minimierung der Hardware mit sich bringt. Mir ist einzig und allein aus den frühen 60er Jahren das deutsche Autorenteam der Weltraumserie Perry Rhodan bekannt, das die Möglichkeit, sich persönlich in virtuelle Welten begeben zu können, konsequent als Dekadenzmarker einer Zivilisation aufzeigte. In der Romanserie ist sogar das gesamte technische und militärische Personal des riesigen Raumkreuzers nicht mehr in der Lage, ihre Arbeit durchzuführen, was das Schiff selbst dann außer Funktion setzte. Die Attraktivität von virtuellen Welten, in denen man viel besser als in der komplexen, durch vielfach undurchschaubare Regeln verminte reale Leben zum Held werden kann, ist offensichtlich. Man muss nur die letzten Berichte über Drogenabhängigkeit verfolgen.
Was frühere Zukunftsforscher ebenfalls nicht bedacht haben (okay, nicht bedenken konnten), sind die Tücken eines immer komplexer werdenden gesellschaftlichen Systems, das durch die rasante Vernetzung verschiedene Gefahren eines Kollaps mit sich trägt. Ohne jede Erfahrung bezüglich der gesamten Implikationen einer digitalen Welt ist es auch schwer, Folgen hochzurechnen. In der gesamten uns bekannten Geschichte von Aufstieg und Niedergang von menschlichen Zivilisationen gab es nie diese Art von Technik. Selbst Atlantis oder die Megalit-Ära müssen anders untergegangen sein.
Alle Dystopien, soweit ich sie jedenfalls kenne, kommen mit wenigen Faktoren aus, die den Untergang einleiten. Aus Remote Viewing-Sessions, mittlerweile aber auch aus dem, was man inzwischen weiß, kann man sagen, dass die Gefahr für eine Hochzivilisation in der großen Zahl der möglichen Probleme besteht. Um ein paar aufzuzählen:
- je komplexer Systeme sind, desto größer sind die Fehler
- komplexe Systeme verlangen hohern Ausbildungsstand und vile Fachleute
- ultimative Vernetzung kann zum schnelle Verbreiten von Dogmen führen und somit zur unerkannten Radikalisierung
- vernetzte Systeme sind gegen Hacker anfällig, was zum Ausfall von lebenswichtigen Systemen wie Strom- und Wasserversorgung führen kann.
- Zentralisierung von Versorgungssystemen ist deshalb förderlich für Zusammenbrüche. Fehler beeinflussen das gesamte System und sind schwer zu isolieren.
- die Hinwendung von kapitalistischen Systemen zur Beseitigung von Arbeitsplätzen schafft soziale Ungleichheit.
- unpersönliche Kommunikation führt zu Vereinzelung, geringeres Verständnis für allgemein nötige Aktionen und Verknüpfungen
- in der gesamten Anonymisierung wird immer weniger persönliche Verantwortung zur Förderung des gesamten sozialen Systems übernommen.
Usw.
Vergleicht man eine moderne Hochzivilisation mit einem komplexen Organismus, muss man bedenken, dass biologische Systeme Millionen von Jahren zur Verfügung hatten, sich zu konfigurieren. Über viele Hin- und Herentwicklungen, These versus Antithese, Erfolg gegen Misserfolg entstand ein variable, intelligente bewegliche Einheit. Hochkomplex und funktionierend.
Das künstliche System unserer heutigen Gesellschaft hat diese Auseinandersetzungen noch vor sich – der von vielen vorausgesehene Atomkrieg wird nach RV-Ansicht nicht stattfinden. Die Wahrscheinlichkeit für eine Implosion der Strukturen ist erheblich größer. Wir sehen die Chance in einer Dezentralisierung, welche so oder so zu autonomen Habitraten statt zu einer flächendeckenden Überzivilisation führen. Hierbei muss eindringlich aufgezeigt werden, dass nicht eine Vorbereitung für eine solche Entwicklung in dem besteht, was man „Prepper“ nennt, also in Vorratsanlegung und Bewaffnung von Einzelnen. Unsere Explorationen finden eher die Anlage von Selbstversorger-Kommunen als Basis. Selbstversorgung sowohl in Nahrung als auch in Energieversorgung.
Als „Point of no return“ haben wir den Ablauf der 2020er Jahre ausgemacht. Je weiter die Abläufe voranschreiten und die Zentralisierung gefördert wird, desto anfälliger das System.
Natürlich ist jede Zukunftssicht eine Aussage über Wahrscheinlichkeiten, die durch zwischenzeitliche Entscheidungen und Taten verändert werden können. Allerdings ist dies nur innerhalb eines gewissen Kanals möglich, was bedeutet, dass nicht jede Änderung möglich ist. Das gilt ganz besonders, wenn eine Komplexität erreicht ist, in der jede Änderung unvorhergesehene Auswirkungen in allen Bereichen nach sich zieht. In diesem Sinne ist die derzeitige Zukunftssicht aus der RV-Sicht relativ folgerichtig. Ernstgemeinte Äußerungen zu diesem Thema gern an die Redaktion der Remote Viewing-News.
MJ